Albrecht von Haller ("1708 - 1777"):
ein (zu) großes GenieDer berühmte Berner Gelehrte Albrecht von Haller
wird als Universalgenie dargestellt.Aber kritische Überlegungen zeigen: Haller kann unmöglich
all das getan und geschrieben haben, was man ihm zuschreibt.Seine Biographie ist unglaubwürdig. Das Genie Haller wurde
nachträglich von einer gelehrten Schreibstube
geschaffen und zusammengestellt.Albrecht von Haller ist eine monströse Legende.
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Ebenso unglaubwürdig ist die Biographie und die
Zuschreibung der Werke von seinem (angeblichen)
Sohn
Gottlieb Emanuel von Haller******************************************************
Nota Bene:
Albrecht hat die gleiche Etymologie wie Berchtold;
BERCHTOLD = PR(C > PRT)TL > LIBERTATEM, libertas = Freiheit
ALBRECHT = LPRCTM > LPRTTM = LIBERTATEM, libertas = Freiheit
Der ursprüngliche Berner Reformator Berchtold Haller
und der nachmalige Albrecht von Haller sind in der Anlage
identische Personen: Es sind Reformatoren,
welche Bern zur (geistlichen und religiösen) Freiheit
geführt haben.Startseite: www.dillum.ch
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Eine vergleichende Überlegung zum Voraus:
Die Gestalten der erfundenen Geschichte
stehen biografisch nicht allein:
sie haben Vorbilder, Blaupausen.Albrecht von Haller ähnelt in diesem Sinne
dem italienischen Dichterfürsten PETRARCA.Haller wurde wie er als poeta laureatus gelobt. -
Auch Petrarca hatte einen grossen Korrespondentenkreis.
Und auch der (angebliche) Italiener interessierte sich
besonders für die Medizin.Zudem hatte auch Petrarca wie Haller viel für die Berge übrig:
Er bestieg den Mont Ventoux.Und wie Haller war Petrarca sehr kirchlich und päpstlich gesinnt:
Petrarca lebte in der Nähe von Avignon, Haller in Göttingen.********************************
Über Haller siehe das Werk:
Albrecht von Haller. Leben - Werk - Epoche; Bern 2008
Das von einer ganzen Riege von Forschern verfasste Sammelwerk stellt nirgends
die Unmöglichkeit von A.v. Haller, sowohl inhaltlich wie zeitlich in Frage.Das Werk ist wissenschaftliche Hagiographie.
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Albrecht von Haller. Porträt in Öl
Die Robe des Gelehrten soll
die Göttinger Professoren-Tracht sein.
Aber Haller war nie Lehrer
an jener norddeutschen Universität.
Das ist Teil der fingierten Biographie.****************************************************************
Albrecht von Haller:
ein (zu) großes Genie in einer
noch dunklen Zeit2008 wurde in Bern von der offiziellen Wissenschaftswelt mit viel Brimborium, mit einer Ausstellung, einem Kongreß und diversen Vorträgen und Publikationen der angeblich 300. Geburtstag von Albrecht von Haller gefeiert.
Überschwenglich nennt eine Publikation der Universität Bern Albrecht von Haller "den letzten Universalgelehrten des Abendlandes". - Das ist richtig in dem Sinne, dass jener Gelehrte nicht nur der letzte, sondern auch der erste in Europa war.
Schon lange sind mir Zweifel an diesem Universalgenie gekommen. Und je mehr man sich in die Einzelheiten seiner Biographie, seiner Werke, seiner Leistungen und seiner Ehrungen vertieft, desto mehr verliert jenes Monument an Inhalt, Form und Grösse, bis kaum mehr etwas übrig bleibt.
Noch mehr: Das Bild, das von Albrecht von Haller präsentiert wird, ist im Grunde eine Beleidigung des gesunden Menschenverstands, ein Lügengebäude von abstrusen Ausmassen, ein Ärgernis von erster Güte.
Wie kann ein normaler Mensch in einem Leben von beschränkter Dauer so viel schaffen, so viel schreiben, so viele verschiedene Wissenschaften betreiben und so viele Ehrungen anhäufen?
Wohl gibt es Menschen, die rastlos tätig sind, viel schreiben und berühmt werden. Aber in einem realen Leben hat alles seine materiellen und physiologischen Grenzen: Man kann nicht dauernd arbeiten. Man muss auch essen, trinken, Körperpflege treiben, schlafen.
Albrecht von Haller aber war - so wie er dargestellt wird - von keinerlei Einschränkungen betroffen. Er schuf so viel wie mehrere Menschen zusammen in hundert Jahren!
Unterdessen ist klar geworden: Gemäß der Geschichts- und Chronologiekritik ist an dem Bild von Albrecht von Haller sowohl inhaltlich wie zeitlich nichts wahr. Sein ganzes Leben und Wirken fällt in eine dunkle Zeit, in der wir nichts Genaues wissen.
Im angeblichen Todesjahr (1777) ist von Haller noch keine Zeile geschrieben.
Haller stellt eine Schöpfung aus späterer Zeit dar. Vermutlich erreichte das Monument jenes Gelehrten erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts sein heutiges Ausmass.
Der wissenschaftliche Säulenheilige
Albrecht von HallerSchon die Biographie von Albrecht von Haller ist mehr als merkwürdig und enthält Widersprüche und Aporien.
Haller soll 1708 geboren worden sein. - Aber um diese Zeit gab es weder die heutige Anno Domini-Jahrzählung, noch sind schriftliche Aufzeichnungen erhalten.
Albrecht von Haller soll ein Wunderkind gewesen sein: Mit zehn Jahren habe er eine Chaldäische Grammatik verfaßt. - Aber was ist Chaldäisch?
Mit 15 (!) war Haller bereits Student in Tübingen. Mit 18 1/2 soll er in Leiden (Leyden) in Holland in Medizin promoviert haben.
Aber ein normaler Schüler macht doch erst mit zwanzig seine Matura, beziehungsweise sein Abitur!
Und die berühmten Universitätsstädte wie Leyden, Tübingen und Göttingen gab es damals noch nicht - Dissertationen und Promotionen ebenfalls nicht!
Mit zwanzig Jahren habe Haller mit dem Zürcher Gelehrten Johannes Gessner eine Fußwanderung durch die Alpen unternommen.
Sportliche Höchstleistungen eines jungen Gelehrten in der Vorzeit?
Mit 21 habe Haller das berühmte Lehrgedicht Die Alpen verfaßt. Später kamen noch andere Gedichte dazu, zum Beispiel Über den Ursprung des Übels.
Mit der Verherrlichung der Alpen als Gegenbild zur Zivilisation gehört das Gedicht in die späte Aufklärungszeit. - Wir sehen den Einfluss von Rousseau.
Erste von zehn Ausgaben von Hallers Gedichten,
Bern "1732"aus: Haller, Bern 2008, S. 123
NB: Der Buchdruck ist in den 1760er Jahren aufgekommen,
Ebenfalls die Anno Domini-Jahrzählung!**********************************************************************
Und von 1736 - 1753 soll Haller Professor für Chirurgie, Anatomie und Botanik in Göttingen gewesen sein. - Doch diese Studiengänge haben damals noch gar nicht bestanden!
Dann kam ein abrupter Karriere-Knicks bei Haller:
Von 1754 an bis zu seinem Tode 1777 habe Haller im bernischen Staatsdienst gestanden.
Zuerst sei er Rathaus-Verantwortlicher geworden. - Eine Bewerbung als Stadtarzt hätten die Räte abgelehnt.
"Rathaus-Verantwortlicher": Das ist eine hübsche Umschreibung für Abwart!
Der gestandene Anatomie-Professor einer renommierten ausländischen Universität musste sich in seiner Heimatstadt mit einer Stelle als Pedell begnügen! - Wo ist ist da die Kohärenz zwischen Ausbildung und Anstellung?
Später dann sei Haller Mitglied des Kleinen Rats von Bern geworden, dann Direktor der Salinen von Bex im waadtländischen Rhonetal: Wie funktionierte die Übersendung der Korrespondenz und der Bücher über solch grosse Entfernungen?
Am Ende seines Lebens habe Haller dann eine Anstellung als Bibliothekar in Bern innegehabt.
In seinen letzten Monaten habe er einen Inkognito-Besuch vom österreichischen Kaiser Joseph II. in Bern bekommen. - Gab es diesen Herrscher wirklich?
Gestorben ist Haller "1777": Das ist siebenmal die Jesus-Zahl 11: Haller war mehr als fromm, er war ein Kirchenmann, ein Reformator.
Und Haller lebte 69 Jahre, das ist dreimal die Primzahl 23 - die in der historischen Numerologie ebenso bedeutsam ist wie die 11.
Jetzt ist klar: Hallers Biographie ist erfunden. Wir erkennen die typischen Elemente der Erfindung. Anfängliche Vollendung und spätere Mühsal.
"1777" - im angeblichen Todesjahr Hallers - hat von diesem Supergenie sicher noch keine Zeile existiert.
Ist Haller zuerst als Politiker und Beamter oder als Wissenschaftler, Mediziner oder Schriftsteller zu sehen?
Von wo nahm sich der Mann die Zeit für sein schriftstellerisches Riesenwerk?
Und wie passt Korrespondenz und Dichtkunst mit Anatomie, Physiologie und Botanik zusammen?
Von Haller sind 100 Bände Manuskripte (!) überliefert und 50 Bände gedruckte Schriften (!).
Neben der Anatomie, Botanik und Physiologie beteiligte er sich unentwegt mit der literarischen Aufklärung. Er schrieb Traktate gegen die Lehren Rousseaus und verfasste eine Utopie in Roman-Form: Usong, eine morgenländische Geschichte.
Zudem habe er mit ganz Europa korrespondiert. 17'000 Briefe (!) von ihm und 12'000 Briefe an ihn seien erhalten.
Ab 1745 soll er zudem jeden Tag (!) eine Buchbesprechung verfaßt haben - insgesamt 9'000 (!) sollen es sein. - Also jeden Tag ein Buch lesen, eine Rezension und einen Brief schreiben, dazu noch Lehr- und Amtstätigkeit ausüben und Bücher schreiben und herausgeben.
Aber das Rezensionswesen hat sich erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts ausgebildet!
Allein die gedruckten naturwissenschaftlichen Werke - teils mehrbändig - umfassen 23 Titel.
Haller: Rezension von Lessings Laokoon, angeblich "1766"
aus: Haller, Bern 2008, S.193
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NB: Lessing hat erst zwei Generationen später gewirkt!
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Haller: Tagebuch seiner Beobachtungen
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Haller besaß eine Bibliothek von 12'000 Büchern. - Goethe zum Vergleich hatte "nur" 5000 Bücher. Und das war 50 Jahre nach Haller!
"1777", im angeblichen Todesjahr von Haller gab es höchstens bereits ein paar tausend Bücher!
Man schätzt Albrecht von Hallers schriftliches Werk auf über 50'000 A4-Seiten.
Haller hätte also jeden Tag ein paar Druckseiten Text verfassen müssen, dazu jeden Tag mehrere Briefe und eine Buchrezension. - Das alles neben seiner Lehrtätigkeit, seinen politischen Ämtern und seiner Lektüre!
Hier wird endgültig klar:
So viele Werke, Artikel, Briefe kann ein Einzelner auch in einem längeren Leben niemals schreiben. - Die Schriften und Manuskripte, die unter dem Namen Haller laufen, haben andere geschrieben.
Man sollte nicht von Haller, sondern von der Haller-Schreibstube sprechen!
Albrecht von Haller kann man höchstens als einen Schriftsteller gelten lassen. Aber dessen Werke sind in die 1780er Jahre zu setzen - nicht vorher und kaum nachher.
Wir erwähnen als Werke von A.v.Haller:
Usong, eine morgenländische Geschichte
Gedichte, besonders "Die Alpen"
Alfred
Fabius und Cato
Das gesamte übrige Werk, das unter dem Namen Haller läuft, haben andere geschrieben. Und das monströse Haller-Bild ist wohl erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffen worden.
Glaubt noch jemand an den Berner Säulenheiligen Albrecht von Haller?
Albrecht von Haller steht für eine Schreibstube von Gelehrten und Schriftstellern, für eine gewaltige biographische, schriftstellerische und wissenschaftliche Fälschung.
Das Monument Haller verliert sein Podest, auf das ihn eine kritiklose Nachwelt und eine ebenso unkritische Wissenschaft gehoben haben.
Übrigens:
Die Berner Reformatoren hießen Berchtold (!) Haller und Johannes Haller. - Gehörten diese Kirchenmänner ebenfalls zum Gelehrten- und Schreiberkreis um Albrecht von Haller? – Zeitlich liegen diese Gestalten aus chronologiekritischen Erkenntnissen wenig auseinander.
Der Name Haller und die Reformation gehören in Bern zusammen.
Zürich legte sich mit Zwingli und Bullinger und Genf mit Calvin und Beza bedeutende Reformatoren zu. - Bern verzichtete auf einen grossen Reformator und schuf sich stattdessen den überragenden Gelehrten, Dichter und Schriftsteller Albrecht von Haller.
Albrecht von Haller ist der Berner Reformator - aber in der Aufklärung angesiedelt.
Und wichtig zu wissen: Haller war auch ein Kirchenmann: In Göttingen soll er eine KIRCHE gegründet haben!
Der Ort ist gut gewählt, denn GÖTTINGEN ist eine GOTT-Stadt.
Albrecht von Hallers Kirchengründung in Göttingen
aus: A.v. Haller, Bern 2008, S. 207
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Über Albrecht von Haller und sein Denkmal in Bern
vergleiche den Beitrag in dem Buch des Autors:Historische Denkmäler in der Schweiz.
34 helvetische Erinnerungsstätten,
kritisch betrachtet (2021)Denkmal für Albrecht von Haller
vom Anfang des 20. JahrhundertsStandort: Grosse Schanze, Bern
aus: Berns goldene Zeit, Bern 2008, S. 29