Albrecht von Haller ("1708 - 1777"): ein (zu) großes Genie

Der berühmte Berner Gelehrte Albrecht von Haller wird als Universalgenie dargestellt.

Aber kritische Überlegungen zeigen: Haller kann unmöglich all das getan und geschrieben haben, was man ihm zuschreibt.

Seine Biographie ist unglaubwürdig. Das Genie Haller wurde von einer gelehrten Schreibstube geschaffen und zusammengesetzt.

Albrecht von Haller ist der (weltliche und geistliche) Reformator Berns.

Nota Bene:

Albrecht hat die gleiche Etymologie wie Berchtold;

BERCHTOLD = PR(C > PRT)TL > LIBERTATEM, libertas = Freiheit

ALBRECHT = LPRCTM > LPRTTM = LIBERTATEM, libertas = Freiheit

Der ursprüngliche Berner Reformator Berchtold Haller und der nachmalige Albrecht von Haller sind in der Anlage identische Personen: Es sind Reformatoren, welche Bern zur (geistlichen und religiösen) Freiheit geführt haben.

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Albrecht von Haller. Porträt in Öl

Die Robe des Gelehrten soll die Göttinger
Professoren-Tracht sein.
Aber Haller war nie Lehrer
an jener norddeutschen Universität.
Das ist Teil der fingierten Biographie.

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Albrecht von Haller:
ein (zu) großes Genie in einer
noch dunklen Zeit

2008 wurde in Bern von der offiziellen Wissenschaftswelt mit viel Brimborium, mit einer Ausstellung, einem Kongreß und diversen Vorträgen und Publikationen der angeblich 300. Geburtstag von Albrecht von Haller gefeiert. Schon vorher sind mir Zweifel an diesem Universalgelehrten gekommen. Die Lektüre verschiedener Artikel haben diese bestätigt. - Und auch von anderer Seite wurde Kritik an dessen Biographie und Leistungen angebracht.

Unterdessen ist klar geworden: Gemäß der Geschichts- und Chronologiekritik ist das 18. Jahrhundert die Ursprungszeit unserer heutigen europäischen Kultur. Aber die Geschichte jener Epoche ist über lange Jahrzehnte unklar und verschleiert. Wahr werden die Inhalte und Datierungen erst gegen 1800. - Albrecht von Haller steht biographisch und inhaltlich in einer dunklen Zeit.

Der wissenschaftliche Säulenheilige
Albrecht von Haller

Schon die Biographie von Albrecht von Haller mutet mehr als merkwürdig an:

Haller soll 1708 geboren worden sein. - Aber um diese Zeit gab es weder die heutige Anno Domini-Jahrzählung, noch sind schriftliche Aufzeichnungen erhalten.

Albrecht von Haller soll ein Wunderkind gewesen sein: Mit zehn Jahren habe er eine Chaldäische Grammatik verfaßt. - Aber was ist Chaldäisch?

Mit 15 war Haller bereits Student in Tübingen. Mit 18 1/2 soll er in Leiden in Medizin promoviert haben.

Mit 20 habe er mit dem Zürcher Gelehrten Johannes Gessner eine Fußwanderung durch die Alpen unternommen: Sportliche Höchstleistungen in der Vorzeit?

Mit 21 habe Haller das berühmte Lehrgedicht Die Alpen verfaßt. Später kamen noch andere Gedichte dazu, zum Beispiel Über den Ursprung des Übels.

Und von 1736 - 1753 soll er Professor für Chirurgie, Anatomie und Botanik in Göttingen gewesen sein. - Aber diese Universität hat um diese Zeit noch gar nicht bestanden, ebenso wenig die genannten Studienfächer.

Dann kam ein abrupter Karriere-Knicks bei Haller:

Von 1754 an bis zu seinem Tode 1777 habe Haller im bernischen Staatsdienst gestanden. - Zuerst sei er Rathaus-Verantwortlicher gewesen sein, dann Leiter der Salinen im waadtländischen Rhonetal, zuletzt Bibliotheks-Direktor.

"Rathaus-Verantwortlicher": Das ist eine hübsche Umschreibung für Abwart!

Der Anatomie-Professor einer renommierten ausländischen Universität musste sich in seiner Heimatstadt mit einer Stelle als Pedell begnügen?!

Jetzt ist klar: Hallers Biographie ist erfunden. Wir erkennen die typischen Elemente der Erfindung. Diese sind: anfängliche Vollendung und spätere Mühsal.

"1777" - im angeblichen Todesjahr Hallers - ist von diesem Supergenie wahrscheinlich noch keine Zeile geschrieben gewesen.

Gemäss der historischen Numerologie ist 77 eine Jesus-Zahl: 7 x 11. - Auch von daher sind Vorbehalte anzumelden.

Albrecht von Haller sei Dichter, Romancier, Staatstheoretiker, Philologe, Botaniker, Anatom, Chirurg gewesen. Und als Magistrat war er Mitglied des Grossen Rates von Bern, Direktor der Salzbergwerke, Rathausabwart (!) und Mitglied etlicher politischer Kommissionen.

Haller hatte aber auch Pech: Wiederholt habe er sich - vergeblich - um das Amt eines Stadtarztes und um einen Platz im städtischen Rat beworben.

Ist Haller zuerst als Politiker und Beamter oder als Wissenschafter zu sehen? - Und von wo nahm er die Zeit für sein schriftstellerisches Riesenwerk?

Denn Albrecht von Haller war in einem unglaublichen Maß produktiv:

Von Haller sind 100 Bände Manuskripte (!) überliefert und 50 Bände gedruckte Schriften (!).

Neben der Anatomie, Botanik und Physiologie beteiligte er sich unentwegt mit der literarischen Aufklärung. Er schrieb Traktate gegen die Lehren Rousseaus und verfasste eine Utopie in Roman-Form: Usong, eine morgenländische Geschichte.

Zudem habe er mit ganz Europa korrespondiert. 17'000 Briefe (!) von und an ihn sind erhalten. - Ab 1745 soll er zudem jeden Tag (!) eine Buchbesprechung verfaßt haben - insgesamt 10'000 sollen es sein.

Haller besaß eine Bibliothek von 12'000 Büchern. - Goethe zum Vergleich hatte "nur" 5000 Bücher.

Rechnet man alles zusammen, so hat Albrecht von Haller ein geschriebenes Lebenswerk von 50'000 A4-Seiten verfaßt.

Aber so viele Werke, Artikel, Briefe kann ein Einzelner auch in einem längeren Leben niemals schreiben. - Die Schriften und Manuskripte, die unter dem Namen Haller laufen, haben andere geschrieben. Das Haller-Werk ist wohl erst ab den 1780er Jahren entstanden. - Etliche Schriften gehören vielleicht sogar ins beginnende 19. Jahrhundert.

Nehmen wir zwanzig Jahre Wirkungszeit an: Haller hätte jeden Tag ein paar Druckseiten Text verfassen müssen, jeden Tag mehrere Briefe und eine Buchrezension. - Das alles neben seiner Lehrtätigkeit, seinen politischen Ämtern und seiner Lektüre!

Glaubt noch jemand an den Berner Säulenheiligen Albrecht von Haller?

Albrecht von Haller steht für eine Schreibstube von Gelehrten und Schriftstellern, für eine gewaltige biographische, schriftstellerische und wissenschaftliche Fälschung.

Der Säulenheilige Haller verliert sein Podest, auf das ihn eine unkritische Nachwelt und eine ebenso unkritische Wissenschaft gehoben haben.

Übrigens:

Die Berner Reformatoren hießen Berchtold (!) Haller und Johannes Haller. - Gehörten diese Kirchenmänner ebenfalls zum Gelehrten- und Schreiberkreis um Albrecht von Haller? – Zeitlich liegen diese Gestalten aus chronologiekritischen Erkenntnissen wenig auseinander.

Der Name Haller und die Reformation gehören in Bern zusammen.

Zürich legte sich mit Zwingli und Bullinger und Genf mit Calvin und Beza bedeutende Reformatoren zu. - Bern verzichtete auf einen grossen Reformator und schuf sich statt dessen den überragenden Gelehrten, Dichter und Schriftsteller Albrecht von Haller.

Albrecht von Haller ist der Berner Reformator - aber in der Aufklärung, nicht in der Reformation angesiedelt.

Dabei gab es in Bern einen Reformator: Er hiess BERCHTOLD HALLER. - Die beiden Namen, Berchtold und Albrecht Haller sind identisch.

Haller war auch ein Kirchenmann:
In Göttingen soll er eine KIRCHE gegründet haben!

Er hätte diese ebenso gut in Bern einrichten können.

Über Albrecht von Haller und sein Denkmal in Bern vergleiche den Beitrag in dem Buch des Autors:

Historische Denkmäler in der Schweiz.
34 helvetische Erinnerungsstätten,
kritisch betrachtet (2021)

Denkmal für Albrecht von Haller
vom Anfang des 20. Jahrhunderts

Standort: Grosse Schanze, Bern

aus: Berns goldene Zeit, Bern 2008, S. 29