Ein vorgeschichtlicher Pfeilbogen am Schnidejoch im Berner Oberland oder der "Steinzeit-Tell vom Wildhorn"

Ein archäologischer Hokuspokus geht in eine weitere Runde.


Vergleiche auch:

Archäologischer Schwindel am Schnidejoch im Berner Oberland


aus: Berner Zeitung; 19.1.2006


Einleitung: Archäologischer Unsinn am Schnidejoch

Bereits vor einigen Monaten habe ich zu den angeblich sensationellen archäologischen Entdeckungen in den Berner Hochalpen Stellung genommen. Bekanntlich hätten die Archäologen in dem extrem heißen Sommer 2003 an dem 2750 m hohen Schnidejoch, einem Nebengrat des Wildhorns, steinzeitliche Funde gemacht.

Man hätte unter anderem Pfeilspitzen, einen Leder- und Rindenköcher, einen vorgeschichtlichen Lederschuh (!) und Nägel aus gallorömischer Zeit gefunden.

Eine solche Ballung von Funden in der Region des ewigen Eises ist absolut unplausibel. Und organische Reste werden im Eis und Firn schnell zersetzt.

Zudem kann nicht erklärt werden, wieso ausgerechnet dieses abgelegene Schnidejoch ein prähistorischer Alpenübergang gewesen sein soll: Der Rawilpaß rechts davon und der Sanetschpaß links des Wildhorns liegen tiefer.

Absolut skandalös und abstrus sind auch die Datierungen, die an diese Funde gehängt werden ("ungefähr 5000 Jahre" alt): Niemand kann vor der sicheren Geschichtszeit, also vor rund 300 Jahren, datieren. - Und die Archäologen setzen für die Vorzeit phantastische Zeiträume, wo doch Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte reichen.

Man muß annehmen, daß diese "sensationellen" Funde  von den Forschern absichtlich in jener Hochgebirgsregion gestreut und nachher "zufällig" und "planmäßig" gefunden wurden.

Archäologen stehen unter einem Dauerstreß: Sie müssen ständig beweisen, wie gut und nötig ihre zweifelhafte Arbeit ist. Und vor allem müssen sie dem Publikum regelmäßig mit Sensationen aufwarten.

Die Kritiklosigkeit der meisten Leute erleichtert den Archäologen ihre getürkten Funde und Entdeckungen.

Neues vom Schnidejoch: Zu einem Pfeilköcher gehört auch ein Pfeilbogen!

Seit dem Sommer 2003 wollen die Berner Forscher über 300 (!) Gegenstände aus dem Eisfeld geborgen haben: eine sagenhafte Ansammlung von prähistorischen Funden in so unwirtlichen und abgelegenen Orten!

Bereits als im November 2005 die Berner Archäologen die angebliche Sensation der Presse mitteilten, war abzusehen, daß es nicht bei den bisher gemachten Entdeckungen bleiben wird. Man ließ verlauten, daß man auch sehr gern eine Gletscherleiche wie den unterdessen berühmten Menschen aus dem Ötztal - ebenfalls eine Fälschung - finden möchte.

Bei den bisherigen Funden befindet sich wie erwähnt ein - natürlich vorzüglich erhaltener - Pfeilköcher. - Nun, zu einem Köcher gehören auch Pfeile und vor allem ein Pfeilbogen.

Und eh man noch eine Gedankenverbindung herstellt, haben die Archäologen schon das gesuchte Fundstück in der Hand, mit samt einer passenden abenteuerlichen Story.

Am 19. Januar 2006 wurde der Presse mitgeteilt, man habe am Schnidejoch im Berner Oberland auch einen - selbstverständlich perfekt erhaltenen - Pfeilbogen gefunden (siehe den obigen Zeitungsausriß)!

Da bleibt dem kritischen Beobachter endgültig die Spucke weg! Eben wurden "sensationelle" Funde in eisigen Höhen heraustrompetet, und schon wird die Fälschungsstory eine Runde weiter und hoch geschraubt!

Ein 160 Zentimeter langer Stecken aus Eibenholz soll sich in Geröll, Eis, Firn, Sonne, Hitze und Kälte 5000 Jahre unbeschadet erhalten haben! - Für wie blöd halten die Archäologen eigentlich die normal denkenden Menschen?

Es kommt noch besser: Der Pfeilbogen soll schon in dem besagten Sommer 2003 gefunden worden sein, allerdings nicht von den Archäologen, sondern von Wanderern! - Eine deutsche Tourengruppe soll den langen Stecken im Fundgebiet aufgelesen und nach Hause gebracht haben. Nach zwei Jahren hätten die in Wiesbaden ansässigen Touristen gehört, daß sie einen wertvollen prähistorischen Fund besäßen.

Berner Archäologen seien darauf - auf Staatskosten natürlich - nach Wiesbaden gefahren und hätten den fabrizierten Fund abgeholt.

Zu jeder Fälschung gehört auch eine Legende. Hier ist es die wunderbare Wiedergewinnung eines vorgeschichtlichen Pfeilbogens aus dem Berner Oberland.

Wenn man solchen haarsträubenden Unsinn hört, so bekommt man fast Sehnsucht nach den alten Geschichten von der Widerauffindung von Heiligenreliquien.

Aber etwas ist wahr und klar an der Fortsetzungsgeschichte von prähistorischen Funden im Hochgebirge am Wildhorn im Berner Oberland:

Archäologie ist Theologie und Glaubenspropaganda - nicht Wissenschaft.


Fälschung und Phantasterei liegen nahe beieinander: Zeichnung eines "vorgeschichtlichen" Gemsjägers in den Alpen

Man beachte besonders das Porträt: Hier stand der Alpinist Reinhold Messner Pate!

aus: Sonntags-Blick, 22.1.2006


 "Der Steinzeit-Tell vom Wildhorn"

Kaum ist die windige Sache mit dem vorgeschichtlichen Pfeilbogen publik geworden, so nimmt sich schon die Sensationspresse des Themas an.

Im Sonntags-Blick vom 22.1.2006 erschien bereits ein weiterer illustrierter Artikel über den "wiederaufgefundenen" Pfeilbogen aus dem Berner Oberland - samt phantasievoller Darstellung eines vorgeschichtlichen Hochgebirgsjäger (siehe die Abbildung oben).

Der Artikel ist derart windig, daß es sich nicht lohnt, darauf auch nur einzugehen.

Eines aber muß man festhalten: Journalisten übernehmen einfach alles, was Archäologen sagen. Sorgfaltspflicht, eigene Recherchen und Kritik gibt es in diesem Gebiet nicht.

Soll man das diesen Leuten verargen? Wer versteht schon etwas von Geschichte, Vorgeschichte, Archäologie - ausgenommen die staatlich bezahlten "Fachleute"?

Das Thema der älteren Geschichte und der Vorgeschichte ist kompliziert. Um eigene Überlegungen anzustellen, dazu reicht den meisten Akademikern heute ganz einfach die Zeit nicht mehr. Deshalb ist abschreiben und übernehmen fremder Inhalte der Weg des geringsten Widerstandes.


21.1.2006/24.1.2006