Die Fälschung einer Kleopatra-Unterschrift


Angebliche Unterschrift der Kleopatra auf einem „neuentdeckten“ Papyrus im Ägyptischen Museum in Berlin-Charlottenburg, 2000

Bild: Der Spiegel 44/2000


Im Herbst 2000 meldete die gesamte Presse kommentarlos einen angeblich sensationellen Fund aus Berlin. Im dortigen Ägyptischen Museum sei ein Papyrus gefunden worden, welcher in griechischer Sprache die Bestechung eines römischen Offiziers befiehlt. Und unterschrieben soll dieser Wisch – pardon  dieser Befehl - von der ägptischen Königin Kleopatra höchstpersönlich sein, mit dem griechischen Wort genesthoi = So soll es geschehen! – Die berühmte Herrscherin konnte also auch schreiben!

Als ich diese Meldung las, wusste ich nicht mehr weiter. Wie ist es möglich, dass ein solcher Schwachsinn geglaubt wird, dass er überhaupt ungehindert durch die Medienkanäle passieren kann? – Gibt es denn niemanden, der nur ein Fünklein Verstand und Kritik aufbringt gegen eine solche dreiste Fälschung eines öffentlichen Instituts?

Herr Topper, ein Kenner in Fälschungen gerade in Berlin, wollte mich beruhigen: Es seien auch schon Autographen von Aristoteles in einem bekannten Londoner Auktionshaus versteigert worden. – Doch das ist ein schwacher Trost.

Was gilt es gegen den angeblichen Papyrus mit der Unterschrift der Kleopatra aus Berlin zu sagen? – Alles spricht dagegen. Grundsätzlich ist es sogar überflüssig, auf die Fälschung nur einzugehen.

Doch weil bei Altertümern selten etwas überlegt wird, sollen hier also die wichtigsten Dinge aufgezählt werden, die zum Vornherein für Fälschung sprechen.

  • Kleopatra ist heute eine weltweit bekannte Gestalt aus der erfundenen Geschichte. Das hängt sicher mit dem berühmten Hollywood-Monumentalfilm zusammen. – Doch auch Elizabeth Taylor, Richard Burton und Rex Harrison können nicht verhindern, dass das Ganze nur Geschichtslegende ist

  • Die Zeitstellungen sind ebenfalls alle erfunden, in der Neuzeit geschaffen worden. – Vor 400 Jahren war vielleicht der Name Kleopatra bereits bekannt, aber eine Datierung „Ägypten um 50 vor Christus“ hat es damals noch nicht gegeben.

  • Kleopatra als historische Legende hat mehrere Doppelgängerinnen. Maria Magdalena, die    Freundin von Jesus, ist zum Beispiel eine exakte Kopie von Kleopatra.

  • Die genannte ägyptische Herrscherin soll mit Julius Caesar befreundet gewesen sein. – Nun hat dieser Caesar selbst das Vorbild für die Jesus-Gestalt abgegeben. Man kann also sagen: Caesar = Jesus. Also ist Kleopatra = Maria Magdalena.

  • Papyrus als Beschreibstoff war praktisch, aber vergänglich. Er hält im Normalfall nur eine Generation. Jeder Papyrus-Fund ist äusserst verdächtig.

  • Um den Zufallsfund dieses Kleopatra-Papyrus zu rechtfertigen, hat das Museum eine Erklärung parat. – Jede grosse Fälschung wird nämlich mit einer Legende ausgestattet, welche die Sache begründen soll. – Hier behaupteten die Verantwortlichen des Berliner Museums Folgendes: Der Papyrus habe bereits hundert Jahre im Depot gelegen – aber niemand habe ihn bisher beachtet.

  • Archäologen und archäologische Museen leben in einem ständigen Erwartungsdruck. Ständig müssen sie schauen, neue sensationelle Funde einem verwöhnten Publikum präsentieren zu können. – Und der öffentlichen Hand, welche diese teuren Leute und Einrichtungen finanziert, muss gezeigt werden, dass sich das Geld offenbar lohnt. Also heisst die Devise: „Liefern wir etwas, die Leute glauben (meistens) alles!“

  • Fälschungen von Schriften sind besonders gemein. Denn es gibt nur wenige Spezialisten, welche ein solches Elaborat richtig beurteilen können. Die Fälscher umgeben ihre Dinge deshalb bewusst mit der Aura des Hochwissenschaftlichen, gegen welche die gewöhnlichen Leute nicht ankommen oder sich nicht getrauen etwas zu sagen.