DIE ARENA
auf der Engehalbinsel bei Bern

und der Ursprung des Berner Bären

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Die Arena und die gallorömischen Befunde
von Bremgarten
und der Engehalbinsel
werden behandelt in dem Buch:

Die Ursprünge Berns.
Eine historische Heimatkunde Berns und des Bernbiets.
Mit einem autobiographischen Anhang (
2022)

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Neues zur Arena in der Enge

Gion Gieri Coray hat dem Autor vor über zwanzig Jahren die Arena auf der Engehalbinsel bei Bern vermessen.

Schon damals tauchte die Frage auf, wie sich die leicht bauchige Form der Umfassungsmauer (25 x 27 Meter) erklären lässt.

Nun hat Coray dem Autor mitgeteilt, dass auch etliche romanische Krypten (z.B. diejenige im Kloster Disentis GR) einen ähnlichen Grundriss aufweisen.

Diese Form aber ahmt einen Bienenkorb nach.

Die Biene ist ein wichtiges Symbol im Christentum. Der Hut des Bischofs zum Beispiel ahmt einen Bienenkorb nach.

Und die Romanik folgte unmittelbar auf die "Antike".

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Ein Bärengraben in der Antike?

Ausschnitt aus einem Artikel im Tages-Anzeiger
vom 7.5.1997 mit dem Porträt des Autors

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Die Arena auf dem Rossfeld bei Bern.
Ansicht von Südwesten,
mit dem Bantiger im Hintergrund.

Foto: Autor, 15.6.2013

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Die zentralen Teile der Engehalbinsel bei Bern:
Korridorbau (rechts),
Arena mit Wallwinkel (links)
und Vicus im Reichenbachwald
mit dem Römerbad ganz oben links

Plan von ca. 1960
Vgl. auch den Artikel:
Der Korridorbau im Thormannbodenwald
auf der Engehalbinsel bei Bern

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Einschub (2011): Eine neue archäologische Betrachtung
der Arena: der Konstruktionsplan des Monuments

Plan der Arena auf dem Rossfeld
(Engehalbinsel, Bern)

Der neue Plan zeigt, weshalb der Grundriß der Arena leicht bauchig (25 x 27 m) ist: Bei der Konstruktion wählte man zuerst ein Rund, dem man gegen N zwei ineinander verschränkte Ellipsen hineinsetzte.

aus: Andrew Lawrence: Ein neuer Vorschlag zur Rekonstruktion des gallorömischen Theaters auf der Engehalbinsel bei Bern. in: Archäologie Bern (Jahrbuch des archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2010), Bern 2010, 58

Im Archäologischen Jahrbuch Bern 2009 findet sich unter anderem ein kleiner illustrierter Aufsatz von einem Andrew Lawrence. Der Autor nimmt dort die alte Frage wieder auf, ob die Arena in der Enge ein Theater oder Amphitheater war.

Bekanntlich trifft für die Berner Arena keine dieser Kategorien zu. Da nützt es dem Autor nichts, gallorömische Theater aus Frankreich (Areines, St. Marcel, Champlieu, Drevant, Sanxay Valognes) heranzuziehen. - Die Vergleiche überzeugen bei keinem Grundriß. Nur indem die Arena auf der Enge eine neue in 3 D erstellte Rekonstruktion bekommen hat, welche die Zuschauerränge überbetont, kommt eine entfernte Ähnlichkeit zustande.

Positiv ist nur der neue Plan der Arena (siehe oben stehende Abbildung): Diese zeigt überzeugend das Konstruktionsprinzip des Grundrisses: Ein Kreis mit zwei ineinander verschränkten Ellipsen.

Daß eine Verbindung mit den drei gallorömischen Viereckstempeln nördlich der Arena besteht, bemerkt auch der Autor. - Aber natürlich ignoriert er und die dahinter stehende offizielle Archäologie jede Anspielung auf die hier dargelegten seit bald anderthalb Jahrzehnten vorliegenden Erkenntnisse.

Die Arena auf der Engehalbinsel liegt eine halbe Wegstunde nördlich vom Zentrum Berns. Dort bildet die Aare ein ungefähr neun Kilometer langes System von Flußschleifen. Dabei macht das von Süden fließende Gewässer eine schließliche Wendung nach Westen.

Das System der Flußschleifen der Enge und von Bremgarten bildete in gallorömischer Zeit einen bedeutenden zentralen Ort. Ein weitläufiges, merkwürdig gestaltetes Oppidum nutzte die natürlichen Geländevorteile aus. - Gräberfelder, aber auch ein "römisches" Dorf (VICUS), dazu ein Badegebäude, ein seltsamer Korridorbau, mehrere Tempel und eben die erwähnte Arena wurden entdeckt.

Die Arena (Koordinaten 600960/202735) liegt ziemlich genau in der topographischen Mitte dieser Flußschleifen, auf der höchsten Stelle eines Plateaus, das dort Roßfeld oder genauer Engemeistergut genannt wird.

Bern-Enge: gallorömische Arena.
Ansicht von NE, mit der Zugangsrampe im Vordergrund

Photo: Autor, 20.4.2008

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Die Arena und die Wallbefestigung
des Engemeisterguts

Das Monument auf dem sogenannten Engemeistergut - dem zentralen Teil der Engehalbinsel -  wurde in den Winkel eines Keltenwalls hineingebaut. Dieser schloß das Hochplateau im Süden und Osten ab. - Gegen Westen machte der Steilabhang der Aare eine Befestigung überflüssig.

Der sogenannte "Innere Südwall" ist aber nicht eine spätere, sondern eine ursprüngliche Befestigung. - Der Autor hat 1997 herausgefunden, daß das Engemeistergut eine abgeschlossene Befestigung darstellte. Am Südostende des Reichenbachwaldes findet sich nämlich noch deutlich sichtbar eine nördliche Wallspitze des inneren Keltenwalls (vgl. die untenstehende Abbildung).

Leider ist die Wallspitze Nord in den 1920er Jahren - wohl in der Meinung, es handle sich um einen Grabhügel - angestochen worden, wodurch das Aussehen der Reste  verändert wurde.

Die Wallspitze Nord des Engemeisterguts,
am südöstlichen Ende des Reichenbachwalds.
Ansicht von Norden.

Aufnahme: Autor, 20.4.2008

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Beschreibung der Arena

Der Rundbau (vgl. die Abbildungen) wurde Mitte der 1950er Jahre ausgegraben. Er lag unterhalb eines, vielleicht in den 1770er Jahren erbauten Pulverhauses, das dem Bau der Matthäus-Kirche weichen mußte. Die Reste hat man konserviert und sind heute neben einer neuen Kirche und einem Kirchgemeindehaus zu besichtigen.

Die Arena bestand aus einem gemauerten ungefähren Rund von 25 x 27 Metern Durchmesser. Im NE hatte die Arena einen von etwa zehn Meter langen parallel laufenden Mauern gesäumten Zugang von etwa 4.5 Metern Breite. - Im S des Kreises ist die Mauer durch einen merkwürdigen kleinen dreieckigen Zwickel erweitert.

Bern-Engehalbinsel: Plan der Arena
mit den astronomischen Orientierungen

© Gion Giery Coray, 1996

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Der dreieckige Zwickel
im südwestlichen Teil des Arena-Runds

Foto: Autor, 21.5.2016

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Merkwürdig an diesem Mauer-Zwickel ist allein schon, dass er nicht, wie man annehmen könnte, in der Längsachse des Arena-Runds angelegt ist.

Einsichtig und erklärbar an dem Mauerteil sind die astronomischen Orientierungen: Nord-Süd-Achse, Himmelsrichtungen 42° Nordost und 290° Nordwest.

Die Archäologen haben diese Anlage als "Amphitheater" gedeutet. - Doch diese Zuschreibung kann nicht stimmen: Der Durchmesser der Arena ist viel zu klein für ein Amphitheater. Der Grundriß ist rund, nicht elliptisch. Es gibt nur einen Zugang. Von einer gemauerten Außenfassade und von Zuschauerrängen gibt es keine Spuren.

Anderseits muß die Anlage eine Arena gewesen sein: Der Boden des Rundes war mit Sand und Kieseln bedeckt. - Die ursprünglich wohl etwa drei Meter hohe Mauer und das ehemalige zweiflügelige hölzerne Zugangstor deuten auf einen Tierzwinger.

Zusammen mit dem Astronomen Gion Giery Coray habe ich 1996 dieses archäologische Monument vermessen. Es ergab sich, daß dieser Rundbau ein ausgeklügeltes astronomisches Orientierungssystem enthält.

Besonders ist zu erwähnen, daß die Arena eines der vier Ecken einer geometrischen Figur in der Region  bildet, die ich als das Doppelquadrat von Bern erkenne - eine erstaunliche Vermessung mit dem Aarebogen der Stadt im Mittelpunkt.

Die Arena auf der Engehalbinsel bei Bern ist wohl das interessanteste bauliche Monument aus alter Zeit in der Schweiz und teilweise nördlich der Alpen.

Bemerkenswert sind besonders sind die Übereinstimmungen mit einem 1987 entdeckten Bassin auf dem Mont Beuvray (Bibracte), westlich von Autun in Frankreich (vgl. die Abbildung).

Das Bassin von Bibracte
(Mont Beuvray, Dép. Nièvre)
aus:
Anne de Leseleuc: La Gaule:
architecture et civilisation
;
Paris 2001, p. 120

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Die Orientierung jenes schiffchenförmigen Brunnens gleich (36° NE) wie der Torzugang des Rundbaus von Bern-Enge. - Zudem liegt Bibracte auf der gleichen geographischen Breite wie die Engehalbinsel.

Man muß ergänzen, daß etwa 150 Meter nördlich der Arena auf dem Roßfeld drei gallorömische Viereckstempel entdeckt wurden. Also gehörte der Rundbau zu einem Tempelbezirk.

Weiter habe ich festgestellt, daß die Befestigung bei der Arena ein geschlossenes System war. Am Eingang des Reichenbachwaldes nämlich sperrte ein weiterer Wall das zentrale Plateau der Engehalbinsel auch gegen Norden ab.

Welches aber war der genaue Zweck des Rundbaus auf der Engehalbinsel?

Der Bau war zum ersten sicher eine Arena oder genauer gesagt ein Tierzwinger.

Die Nähe der Arena zu den Tempeln und die Abgeschlossenheit innerhalb einer Wallanlage läßt auf eine kultische Bedeutung dieses Zwingers schließen.

Bekanntlich hatte die Region Bern schon in antiker Zeit den Bären als Totemtier. Der beste Beleg dafür ist die bekannte Statuettengruppe der DEA ARTIO, der sitzenden Göttin mit dem schreitenden Bären - einem Fund, der heute im Historischen Museum Bern zu sehen ist.

Bei Bodenerkundungen im Gebiet der drei Viereckstempel nördlich der Arena wurden zu Beginn der 1980er Jahre unter anderem auch Knochen von Bären gefunden. - Nun kann man sicher sein, daß diese wilden Tiere nicht zufällig dort waren, sondern hingeführt wurden.

In dem Rundbau auf dem Engemeistergut wurden also sicher Bären gehalten oder herumgeführt. Die Arena war also gleichsam der antike Bärengraben der Region. - Die spätere Stadt Bern hat die Bärenverehrung und die Tradition der Haltung von Bären in einem Zwinger von der Enge her genommen.

Locarno-Muralto und die deutschen Kreisgraben-Anlagen

Unterdessen habe ich erfahren, daß es in der Schweiz noch einen zweiten Bau gibt, welcher der Arena von Bern-Enge gleicht.

Vor Jahrzehnten wurde in Locarno-Muralto im Kanton Tessin ein weitläufiger "römischer" Vicus entdeckt. Und auch dort fand sich ein eigenartiger Rundbau (Koordinaten 705370/114460).

Die Anlage von Muralto war kreisrund, hatte einen ähnlichen Durchmesser und und ebenfalls einen kanalisierten Zugang von NE her. - Dieser enthielt eine Treppe, über welche man in die Arena hinabstieg.

Leider ist der Rundbau von Locarno nur unzureichend untersucht worden und heute zerstört. - Das erschwert die Suche nach Vergleichen mit dem Monument der Engehalbinsel.

Auch in Dover in Südengland an der Kanalküste ist eine Anlage ähnlich derjenigen auf der Engehalbinsel festgestellt worden.

Hingegen hat die archäologische Bodenerkundung seit dem Beginn der 1990er Jahre in Mitteleuropa mehrer sogenannte Kreisgraben-Anlagen entdeckt. - Eine große gab es etwa in Kinzing in Bayern oder bei Nebra in Sachsen-Anhalt. - Auch diese Rundbauten zeichneten sich durch eine Ausrichtung nach den Sonnenwenden aus.