Steinfrevel auf dem Oberen Mattstettenberg

Im Sommer 2005 wurde die Oberfläche von Schalenstein I zerstört.

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Über Schalensteine und Findlinge im Bernbiet

vergleiche das Buch
Die Ursprünge Berns (2022)

Über die Beschädigung des Schalensteins ist am 10.11.2005 auch ein Artikel
des Autors in der Grauholz Post erschienen.

Die seit Sommer 2005 zerstörte Oberfläche des Schalensteins I
auf dem Oberen Mattstettenberg (Gemeinde Mattstetten, Kanton Bern)

aus: Karl Ludwig Schmalz: Namensteine und Schalensteine im Kanton Bern; Bern 1988, Seite 83

Man erkennt links oben die ovale Wanne und rechts daneben eine deutliche schalenförmige Vertiefung.

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Findlinge und Schalensteine

Das Gebiet des Mittellandes ist übersät mit erratischen Blöcken oder Findlingen aus den Alpen. – Allerdings findet man die meisten derartigen Steine nur noch in Wäldern. Auf dem offenen Land wurden die meisten Blöcke weggeräumt.

Einige Erratiker zeigen Spuren menschlicher Bearbeitung. Vor allem sind hier die Schalensteine zu nennen. Damit bezeichnet man Steine, die an der Oberfläche künstlich angebrachte runde oder trichterförmige Vertiefungen haben.

Schalensteine gibt es in ursprünglicher Lage nur noch in einem Dreieck zwischen den Kantonen Neuenburg, Solothurn bis südlich von Bern.

Schalensteine im Grauholz und auf dem Mattstettenberg

Der Grauholzberg mit der östlichen Fortsetzung des Mattstettenbergs, sind noch heute ungewöhnlich reich an Findlingen. Bedeutend sind etwa der erratische Block auf dem Schwarzkopf und der Schalenstein auf dem Flühboden (vergleiche den Artikel) – beide in der Gemeinde Bolligen.

Auch auf dem erwähnten Mattstettenberg (Gemeinde Mattstetten) finden sich Findlinge, darunter drei eindeutige Schalensteine, alle in unmittelbarer Nähe der Forststrasse, die über den Hügelzug führt.

Diese markierten Steine hat in den 1950er Jahren der verdiente Heimatforscher Karl Ludwig Schmalz aus Bolligen entdeckt und in einem 1988 veröffentlichten Buch über die Schalensteine im Kanton Bern beschrieben.

Die Blöcke sind also bekannt, wenn auch nur Eingeweihte wissen, wo sie zu finden sind und was sie bedeuten.

Der Autor hat die Blöcke 1997 untersucht. Dabei fand er heraus, daß der westlichste Stein auf dem Mattstettenberg – von Schmalz als Schalenstein I bezeichnet - der interessanteste war: Neben einigen deutlichen schalenförmigen Vertiefungen besaß der Block nämlich eine längliche Wanne (auf dem alten Foto abgebildet).

Die Wanne hatte eine Ausrichtung nach Süden oder Norden. In südlicher Richtung zeigt die ovale Auskerbung deutlich auf den Bantiger mit seiner ehemaligen Erdburg (vergleiche die Abbildung). – Die vermessungskundliche Bedeutung des Steins ist also erwiesen.

Detail der heute zerstörten Oberfläche von Schalenstein I
auf dem Oberen Mattstettenberg

Foto: Autor, Juli 1997

In die Wanne ist ein Kompaß gelegt. Dessen Nadel zeigt deutlich
eine Nord-Süd-Ausrichtung der Vertiefung an. - Süden ist oben zu sehen.

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Die Zerstörung von Schalenstein I im Sommer 2005

Nun wurde am 25. August 2005 in der Grauholz-Post die Meldung veröffentlicht, wonach einer der Schalensteine auf dem Mattstettenberg mutwillig zerstört worden sei. Als heimatkundlich Interessierter und Schalensteinforscher hat der Autor einen Monat später von dieser traurigen Angelegenheit erfahren.

Am 13. Oktober machte der Genannte, zusammen mit Herrn Felix Brodmann aus Burgdorf, eine Begehung der genannten Waldgegend. Die beiden besichtigten alle vier Schalensteine auf jenem Berg – den Block auf Flühboden und die drei Steine auf dem Mattstettenberg.

Der Autor auf dem Schalenstein I am Mattstettenberg

Man erkennt deutlich als helle Fläche die abgeschlagenen Teile der Oberfläche des Blocks.

Aufnahme: Felix Brodmann, 2005

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Der Lokaltermin bestätigte dem Autor die böse Vermutung: Zerstört wurde auf dem Oberen Mattstettenberg der Schalenstein I – also jener mit der Wanne.

Der Täter mußte sich ausgekannt haben. Nicht nur säuberte er die Vegetation rund um den Block, er zerstörte mit einem Vorschlaghammer die gesamte Oberfläche mit den Schalen und der Wanne.

Ein paar Stücke mit Resten der Oberfläche ließ der Urherber dieses Vandalenaktes zurück. Mit Hilfe von alten Fotos lassen sich die verbliebenen Bruchstücke sogar noch ungefähr plazieren.

Doch von der Wanne fehlt jede Spur. Vielleicht hat der Täter sie sogar ausgemeißelt und abtransportiert.

Der Autor und Felix Brodmann, aber auch die andern, welche von dieser Untat erfahren haben, sind sprachlos: Was geht in solchen Köpfen vor, die mutwillig geschützte Findlinge beschädigen und zerstören? Was haben sie davon, was wollen sie?

Vandalismus und Steinfrevel

Auf diese Untat gibt es keine Antwort. Aber man muß diesen Steinfrevel schärfstens verurteilen. Die Urheber sollen sich in den Boden schämen - wenn sie nicht vielleicht eines Tages durch Zufall überführt werden.

Aber mutwillige Beschädigung von Bäumen, Steinen und Kunstgegenständen und von öffentlichem und privatem Eigentum sind heute leider nicht mehr vereinzelte Vorfälle. Man beobachtet eine steigende Tendenz, damit ein Nachlassen des Respekts gegenüber den Dingen.

Mit der Zerstörung der Oberfläche von Schalenstein I auf dem Mattstettenberg haben die unbekannten Täter ein unscheinbares, aber interessantes Zeugnis aus geschichtlicher Vorzeit unwiederbringlich vernichtet. – Dem Autor ist in der ganzen Schweiz nur noch ein Schalenstein bekannt, der ebenfalls eine solche Wanne aufweist, wie der eben zerstörte Stein auf dem östlichen Grauholzberg.

Was tun gegen solche Untaten?

Die Untat auf dem Mattstettenberg im Sommer 2005 ist zu verurteilen. – Leider ist dieser Steinfrevel kein vereinzelter Vorfall. Der Autor hat in den letzten acht Jahren das Verschwinden von mehreren interessanten Blöcken beobachtet:

Der geschützte Erratiker auf dem Rüschberg unterhalb des Ulmizbergs ist um 2000 im Gefolge der Aufräumarbeiten nach dem Sturm Lothar verschwunden - obwohl er auf der Landeskarte noch immer eingetragen ist!

Ein besonderer Findling am Waldrand oberhalb von Ittigen, über den der Autor 1997 eine Reportage im Bund bekam, ist nach 1999 verschwunden.

Da fragt man sich, was dagegen zu tun ist. – Steine liegen frei zugänglich in der Landschaft und lassen sich nicht bewachen.

Erfolgreicher wäre ein entschlossenes Auftreten gegen jede Form von Vandalismus. – Man muß die Tendenz zur Beschädigung von Sachen und Denkmälern bekämpfen.

Dem Autor ist jedoch seit Jahren klar: Findlinge und Schalensteine sind interessant und verdienen unsere Aufmerksamkeit. Aber man darf diese Naturdenkmäler nicht zu viel präsentieren. Denn dadurch zieht man leider auch Leute an, die zerstörerische Absichten hegen.

Oktober 2005