Münnenberg:
eine mächtige Erdburg
bei Lützelflüh im Emmental

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Vgl. auch den Artikel über die
Erdburg Bärhegen

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Münnenberg findet sich auch in dem
Burgen-Buch des Autors:

Burgen rund um Bern (2024)

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Münnenberg bei Lützelflüh: Plan

Äquidistanz der Höhenkurven: 1 m

Grafik: Autor, 2020

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Münnenberg, Lützelflüh BE:
Der Burghügel (die Motte) von Norden

Foto: Markus Schilt, 13.12.2015$

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Münnenberg, Lützelflüh BE:
Der südliche Graben von Westen

Photo: Markus Schilt, 13.12.2015

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Beschreibung der Burg

Jeremias Gotthelf hat sie in seiner berühmten Novelle Die schwarze Spinne erwähnt; und geheimnisumrankt ist sie noch immer: die mächtige Erdburg Münnenberg in der Gemeinde Lützelflüh.

Die Burgstelle liegt auf einem nach Süden geneigten steilen, bewaldeten Grat nördlich von Grünenmatt und in nächster Nähe des im SW gelegenen Weilers Flüelen. Vom Burgplateau sieht man hinüber zu dem östlich gelegenen Schloß Trachselwald und selbstverständlich nach Sumiswald.

Münnenberg ist in die alte Landvermessung eingebunden: Zur Burg Bärhegen auf dem Bärhegenknubel im NNE von Wasen führt eine Linie des Sonnenaufgangs zur Zeit der Sommersonnenwende. – Und Trachselwald liegt mit Münnenberg auf einer Horizontale.

Die Wehranlage besteht zuerst aus einem ovalen Burghügel mit nord-südlicher Ausrichtung. Dieser hat auf der Südseite ein ausgeprägtes unteres Plateau mit einer Spitze gegen SE. Gegen N ist der Burghügel gegenüber dem Graben um ca. 12 m überhöht, im S sogar ca. 18 m.

Auf halber Höhe hat der Burghügel im N und W einen kleinen Absatz mit einem Randwulst oder kleinen Wall. - Es war dies der Zugangsweg.

Am nördlichen Ende auf der Kuppe des Burghügels deutet ein rundes Loch den alten Sod an.

Gegen Norden trennte ehemals ein heute grösstenteils zugeschütteter Halsgraben die Burganlage vom Grat.

Gegen Süden hat sich ein Abschnittsgraben mit einem Wall erhalten.

Gegen Osten machte der steile Abhang einen Schutz des Burghügels überflüssig.

Vom Weiler Flüelen her, im Süden, hat sich ein ausgeprägter Hohlweg erhalten.

Die Anlage läßt klar erkennen, daß ein Weg von Norden nach Süden durch die Burganlage geführt wurde. Der Weg, der im Westen längs dem Fuss des Burghügels entlang führt, hat an seiner westlichen Aussenseite an drei Stellen Randwülste oder kleine Wälle. - Ein durchgehender Flankenwall, der später an zwei Stellen unterbrochen worden wäre, lässt sich nicht beweisen.

Ferner fallen auf der Westflanke der Burganlage mehrere Rinnen oder Runsen auf. - Sie könnten der Drainage gedient haben.

Mauerspuren sind auf dem Burghügel nirgends zu finden. Münnenberg war eine reine Erdburg.

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Münnenberg, Lützelflüh BE:
Der Hohlweg am Westfuss des Burghügels von S

Photo: Markus Schilt, 13.12.2015

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Der Ortsname Münnenberg

Der Name Münnenberg ist einsichtig: Münnen ist gleich anzusehen wie MANNEN (z.B. Mannenberg): MÜNNEN = MNM > (R)MNM = ROMANUM, römisch. Es ist dies also eine Römerburg. Und das deutsche Wort Mann besagt auch Römer: Nur diese galten als vollwertige Bürger. - Vergleiche darüber Die Ortsnamen der Schweiz. Mit einer Einführung über die vesuvianische Namensprägung Europas (2022).

Münnenberg zeigt in seinem Grundriss eine Spinne

Die Burgstelle Münnenberg im LIDAR-Bild

Deutlich sind auf dieser digitalen Geländeaufnahme verschiedene Rinnen zu erkennen, die von dem Burghügel ausgehen oder auf ihn zulaufen.Es wurde gesagt, daß durch die Burganlage ein Weg geführt wurde. Dieser verlief am westlichen Fuss des Burghügels.

Die genaue Betrachtung läßt mehr erkennen: Münnenberg lag an einem von Norden nach Süden verlaufenden Höhenweg. Diesen kann man noch heute auf der Landkarte von der Gegend von Affoltern bis zur Burg verfolgen.

Die alten Wege verliefen häufig nicht wie heute im Talboden, sondern den Talhängen oder sogar den Höhen entlang. Denn die Täler waren früher größtenteils sumpfig und hochwassergefährdet.

Doch es gibt nicht nur einen alten Weg, der zu Münnenberg führt und wegführt. Gegen Westen ist der Abhang von einigen merkwürdigen Rinnen durchzogen, die sternförmig von der Burgstelle ausgehen.

Im Laser-Bild der Erdoberfläche (DOM oder LIDAR) sind diese Rinnen oder Runsen - gleich wie der Weg - überdeutlich zu erkennen (siehe Abbildung).

In den meisten Grundrissen von alten Burgen oder Städten sind bekanntlich Figuren eingearbeitet. - Schaut man sich das Bild von Münnenberg an, so denkt man zuerst an eine Spinne.

Aber bei der Spinne macht man sofort die Verbindung zu Jeremias Gotthelfs berühmter Novelle Die schwarze Spinne (1842).

Die schwarze Spinne, eine "weltliterarische Supernovelle" (Hanns Peter Holl) ist bekannt. - Und in der Erzählung wird auch der Münnenberg erwähnt: Die Bauern aus der Umgebung von Sumiswald werden darin gezwungen, ausgewachsene Buchen vom Münnenberg nach der Burg Bärhegen zu verpflanzen, um dem hochmütigen Ritter von Stoffeln eine schattenspendende Allee am Eingang seines Schlosses zu errichten.

Jeremias Gotthelf und seine Zeitgenossen wussten also noch von der Figur, die von der Höhe des Burghügels im Gelände eingeprägt war.

Jeremias Gotthelf
und seine Novelle Die drei Brüder

Gotthelf, der bestens bekannte Berner Schriftsteller der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, schrieb auch historische Novellen, die hauptsächlich im Emmental und Oberaargau spielen (Kurt von Koppigen, Der letzte Thorberger, Der Knabe des Tells, Die Gründung Burgdorfs oder Die beiden Brüder Sintram und Bertram).

Die Novelle Die drei Brüder aus den 1840er Jahren hat den Münnenberg zum Thema. Es ist dies eine Rahmenerzählung, die unter Gästen des Wirtshauses Flühlenstalden - unterhalb der Burgstelle - spielt.

Die Drei Brüder verraten die Sprachgewalt von Gotthelf. Aber sie sind auch ein Zeugnis des literarischen Historismus, der sich seit der Romantik entwickelte.
Der Münnenberg ist nämlich nur ein Vorwand, um ein Sumiswald zur Römerzeit, damals "vor 1800 Jahren" zu schildern. Und konkret wird eine Geschichte erzählt, die sich während des Helvetieraufstands "69 AD" abgespielt haben soll.

In römischen Sumiswald soll es drei reiche und angesehene, aber charakterlich undurchsichtige Brüder gegeben haben. Diese hatten Sigbert als Feind, den Sohn eines geachteten helvetischen Notabeln. Nur einer der Brüder, Clodomir, hatte als Kind eine Tochter namens Gertrud. Der starke Sigbert überwindet im Ringkampf Guntram, den jüngsten der drei. Die Brüder schwören darauf Rache.
Die Gelegenheit dazu bietet sich beim "Helvetieraufstand 69 AD": Sigbert soll das Emmental verteidigen. Gertrud hält zu ihm. Aber die drei Brüder verhindern eine wirksame Verteidigung der Helvetier gegen die in Vindonissa aufmarschierten römischen Legionen. Sumiswald wird niedergebrannt und Sigbert und Gertrud am Fuße des Münnenbergs von Speeren durchbohrt.

Der pseudogeschichtliche Firnis dieser Novelle ist dünn: Die Helvetier, das sind die Schweizer zu Gotthelfs Zeiten. Und Sumiswald ist ein Markflecken wie damals. Es gibt dort Kühe und Käse, Kilbi und Schwinget.
Sogar Erfindungen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie der Regenschirm (!) und der Telegraph (!) werden erwähnt.

Und beim Verrat der drei Brüder erwähnt Gotthelf die Parallelität mit dem französischen Einmarsch 1798.

Neben der Schulgeschichte bietet Gotthelf in Die drei Brüder auch eine etymologische Phantasterei: Münnenberg soll ursprünglich Mühlenberg (!) geheißen haben, weil an der Grünen früher Mühlen waren.

Die Handlung dieser Novelle von Gotthelf wirkt konstruiert. Sowohl Sigbert wie Gertrud und die drei Brüder haben eine stereotype Charakterisierung.

Die Erzählung ist keine Meisterleistung von Gotthelf.

Wie sein Vorgänger Johann Rudolf Wyss in Der Abend zu Geristein und Der Ritter von Ägerten holt sich Gotthelf Stoffe aus der Pseudohistorie und überhöht sie literarisch.

Eines muß man Gotthelf lassen: Seine Beschreibung der Wehranlage Münnenberg ist ebenso lakonisch wie präzis: Von ihr sehe man noch den gewesenen Burggraben und den um die Spitze (des Burghügels) gewundenen Schloßweg.